AR/MR im Industrie-Transfer

Wo steckt eigentlich die Komplexität im Bereich von Augmented und Mixed Reality Anwendungen? In der Entwicklung? Im UI/UX-Design? Konzeption? Im Fachbereich? In der Forschung? Oder…. überall?

Fakt ist: die Programmierung ist fast schon der einfachste Teil solcher Anwendungen. Das Beispiel im angehängten Video besteht aus ziemlich wenigen Code-Zeilen. Die meisten Technologien für MR/AR-Anwendungen sind in den jeweiligen Programmiersprachen bereits fest integriert und lassen sich einfach anwenden. Somit kann man sehr schnell einen funktionierenden Prototypen „basteln“.

Allerdings wird man es mit diesen Bordmitteln nicht schaffen, Enterprise-Anwendungen zu schaffen, bspw. zu skalieren, 10.000e Benutzer auf die App zu bekommen, den unternehmensweiten Einsatz von AR/MR zu ermöglichen, Business-Cases zu realisieren. Egal, ob AR/MR im Bereich der industriellen Fertigung, im Service, als Multimedia-Add-On für Print-Erzeugnisse, im Bereich Gamification, usw. eingesetzt wird – damit aus Technologie ein Business-Case wird, braucht es zwei Dinge:

  1. das Unternehmen muss sich klar darüber werden, dass AR/MR-Anwendungen „gepflegt“ werden müssen. Aus dem Prototypen muss eine skalierbare, aktualisierbare, erweiterbare Anwendung werden, die dauerhaft mit Inhalten angereichert werden muss. Die Bereitstellung dieser Inhalte stellt häufig eine große Herausforderung dar. Wenn Wahlplakate bspw. zu sprechen beginnen, müssen die zugehörigen Videos produziert, klassifiziert, marketing-mäßig organisiert und technisch bereitgestellt werden, damit die Politiker auf dem Print-Plakat dann „zum Leben erwachen“. Wenn der Service-Techniker die defekte Waschmaschine im Bild hat und das auszuwechselnde Bauteil hervorgehoben werden soll, müssen die zugehörigen Explosionszeichnungen, Stücklisten, 3D-Visualisierungen, Handbücher, usw. identifiziert, zugeordnet und in die App „einsortiert“ worden sein. Wenn Werbung in Zeitschriften beginnt, sich zu bewegen, müssen Vertriebsmitarbeiter die passenden Inhalte (z.B. Videos im passenden Format) vom Kunden organisieren, die Anzahl Aufrufe muss protokolliert werden, eine Abrechnung muss erfolgen. Die Nutzer müssen darüber hinaus auch erst mal „wissen“, dass Sie das Produkt in AR/MR betrachten sollen (und „warum“). Wenn die Nutzer durch das Ansehen bestimmter Inhalte bspw. Punkte bekommen soll, braucht es auch noch eine Infrastruktur für Gamification, Bonus-Content, Challenges, usw. All diese Tätigkeiten müssen organisiert, geplant und auf die AR/MR-Anwendung zugeschnitten werden.
  2. die Anwendung muss technisch in die Lage versetzt werden, in großem Maßstab zu skalieren. Sei es, weil Unmengen an Inhalten vorliegen, die multimedial erfasst werden müssen, oder weil große Nutzerzahlen zu erwarten sind. AR/MR-Anwendungen sind Multimedia-Anwendungen, die trotz modernster Hardware schlaue und optimierte Algorithmen zum Suchen und Finden, zum schnellen Zugriff auf Inhalte brauchen. Hier kommt der Bereich „Forschung“ mit ins Spiel. Wir konnten bspw. Algorithmen entwickeln, die bestehende Multimedia-Verarbeitung um den Faktor 10.000 optimieren (siehe https://www.mdpi.com/2504-2289/5/3/33 oder https://www.mdpi.com/2504-2289/7/2/70) und somit dafür sorgen, dass AR/MR überhaupt erst im großen Stil möglich wird.

Diese Verbindung aus organisatorischen, (programmier-)technischen, und wissenschaftlichen Erkenntnissen führt zu Enterprise-AR/MR-Anwendungen, die den Kunden / Nutzern einen echten und skalierbaren Mehrwert bringen. Für mich ist das ein hervorragendes Beispiel für industrienahe Forschung und innovative Anwendungen.